Freitag, 27. April 2012

Höllentrip - Prolog

Ein ganz normaler Tag war es, wie man ihn aus einem Land wie dem meinen kennt. Hier ein bisschen Sonne, da ein wenig Wolke aber überall ganz viel Gewitter in den Gesichtern. Ich verließ die Höhle die ich mein Zuhause nannte, da ich aufgrund des überfüllten Schreibtisches den Bildschirm des Rechners nicht mehr sehen konnte. Zwanzig Flaschen aus bräunlich getöntem Glas versperrten meine Sicht, zu deren Beseitigung ich absolut nicht im Stande war, da der dazugehörige Kasten schon seit Tagen die Position meiner neuen Sitzgelegenheit eingenommen hatte, was wiederum daher rührte, dass mein Lieblingsstuhl, schön grau und plattgesessen, nach seinem zehnjährigem Dienstjubiläum plötzlich und unerwartet unter der Last seines Berufes, beziehungsweise seines Chefs, wenn man so will, zusammenbrach und somit eine freie Stelle im Arbeitsmarkt meiner Behausung, und damit eine Lücke in meinem Mobiliar hinterließ.

Ich befand mich also auf dem Fußgängerbereich der Straße, einige Kilometer von meiner Wohnung entfernt. Wer den Film ‚Forest Gump‘ kennt, der versteht mich vielleicht, wenn ich sage, dass ich einfach Lust zu laufen hatte.
Natürlich ist das dreist gelogen. Der wahre Grund für meine Fortbewegung per Pedes lag schlicht und ergreifend daran, dass es meinem fahrbaren Untersatz einmal mehr an Vollständigkeit mangelte. Ausnahmsweise fehlte ihm aber dieses Mal nicht etwa wieder Auspuff oder Frontscheibe, nein, das Problem war simpler: Wie komplett fühlt sich ein Personenkraftwagen schon ohne Treibstoff? Leck im Treibstofftank, durchgerostet. Und das schon nach nur 15 Jahren. Zumindest sagte mir der freundliche, zugegeben etwas korpulente und mit einem Defizit an Haupthaar versehene Verkäufer des stetig wandernden Gebrauchtwagengeschäftes, dass dieser wunderbare Opel Ascona C gerade einmal 11 Jahre auf dem Buckel, pardon, dem Heck habe. Im Laufe von nur 4 Jahren steckte ich mehr Geld in Reparaturen dieses Schnäppchens, als ich verdiente. Das fiel insofern nicht allzu schwer, da ich mich seit diversen Jahren mit Mini- und Gelegenheitsjobs über Wasser hielt. Da ich zum Zeitpunkt meines Spazierganges akuten Mangel an Erwerbstätigkeiten verspürte, war an das Flicken des Lecks nicht zu denken.

Dann, man könnte meinen mir nichts, dir nichts, geschah das, was diese Geschichte überhaupt erzählenswert machte:
Ich besuchte eine Filiale des Konzerns Tchibo. Selbstverständlich fand ich nichts Interessantes und noch viel weniger Bezahlbares. Meine finanziellen Verhältnisse hätten auch nicht einmal einen kleinen ‚Privat Kaffee Brazil‘ zugelassen. Nicht, dass ich Kaffee jemals gemocht hätte. Was an diesem Kaffee jetzt so privat ist, habe ich auch nicht so ganz verstanden. Das Geschäft versprach aber nicht nur außergewöhnlichen und außergewöhnlich privaten Kaffe. Von Bekleidung über Grillabendzubehör bis hin zu Mobilfunkoptionen verkaufte der Laden alles, was er zusammenkramen konnte, ob es nun ins Konzept passt, oder nicht. Irgendwas stimmte hier nicht. Die ganze Sache war mir äußerst suspekt, oder, wie man so schön sagt, absolut nicht geheuer, weshalb ich das Geschäft schnell, schon fast rennend, zu verlassen gedachte. Einfach schnell raus hier, die haben privaten Kaffee, der sich selbst als mild beschreibt, Grills, die sich von alleine abschalten, noch während die Bratwurst darauf liegt, um zu entscheiden, wann ich Energie zu sparen habe und wann nicht, SIM-Karten, die mit einer Kaffeebohne bedruckt waren und darüber hinaus in einer Ecke auch noch ein Regal mit frischen Blumen. So viel Konzeptfreiheit schlug mich in die panische Flucht.

Dann ging alles ganz -klischeegetreu- schnell:
Die Türklingel klimperte mir hinterher und das nächste was ich hörte war die dumpfe Hupe eines Lastkraftwagens, die sich erschreckend flott näherte. Schwarz.




© Artwork by 'pinkdinosawr' (http://pinkdinosawr.deviantart.com/)

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