Mittwoch, 7. Dezember 2011

Und du sagst ich sei nichts Besseres

Als ich noch ein Kind war und diese Schule besuchte, die junge Menschen noch allgemein bildete, da gab es diesen Jungen, diesen Jungen gab es da und sehr viele andere Jungen. Zu seinem Unglück mochten die vielen Jungen den einen armer Kerl nicht und den Gesetzen der Hackordnung zufolge war es ihm vergönnt, eine angenehme Schulzeit genießen zu dürfen. Die traurige Situation des Knaben machte mich früh darauf aufmerksam, dass ich etwas besitzen musste, was die anderen nicht zu kennen schienen: Empathie. Und so erschien es als logisch, dass ich den armen tropf nicht alleine der auf ihn gerichteten Schikane ausgesetzt lassen kann, sondern mich auf seine Seite schlagen musste, denn geteiltes Leid ist bekanntlich halbes Leid, und dass ich meine Gunst bei den anderen verlieren würde stand außer Frage. Dummerweise musste ich feststellen, dass das Prinzip des geteilten Leides in dieser Situation nicht funktioniert, da die Grausamkeit von Kindern gerne ein einzelnes Individuum anvisiert. So war die gesammelte Entschuldigung schnell bei dem nun glücklichen weil akzeptieren Burschen eingetroffen und ich war plötzlich sehr alleine.
Der Mangel an anderer Leute Empathie blieb einige weitere Jahre bestehen.
Und du sagst, ich sei nichts Besseres.

Wo ich gerade bei Empathie bin; Empathie ist etwas, dass sich nicht jeder an- aber niemand abtrainieren kann. Da saß vor einigen Tagen dieser Typ auf der Straße, nicht allein sondern wärmeteilend an seinem Hund. Der Hund hatte sicherlich schon gepflegtere Zeiten erlebt, muss sich den optischen Trend aber an seinem Herrchen abgeguckt haben, welcher ein Leistungssportler in dieser Disziplin sein musste. Dieser Mann schien außen den Fetzen an seinem Körper und dem Hund an seiner Seite nichts zu besitzen, und selbst Dinge, die zu seinem Körper gehören sollten, glänzten durch ihre Abwesenheit, und hierbei sei nicht nur von Zähnen gesprochen. Das brachte mich zum Nachdenken, mich, demjenigen, der sein leichtes Hungergefühl in der nächsten Filiale der goldenen-Bögen-Gruppe zu stillen gedachte. Plötzlich hatte ich gar keinen Hunger mehr, eher war mir äußerst unwohl, und so nahm ich den roten Schein, welchen ich auszugeben plante und gab dem armen Armen ein kleines Stück Papier, welches er gegen ein kleines Stück Leben eintauschen könne.
Errechnet man den Anteil meines übergebenen Budgets prozentual gesehen von meinem Gesamtkapital, so ist es durchaus möglich, dass ich gerade mehr von meinem Besitz für Menschen gegeben habe, die nichts besitzen, als es die meisten reichen Menschen in ihrem Leben tun.
Und du sagst, ich sei nichts Besseres.

Und dann gibt es da diese Menschen, die etwas darstellen wollen. Etwas darzustellen empfand ich schon immer als sehr wichtig, vor allem wenn es darum geht, das eigene Individuum darzustellen. Die Menschen, welche ich hier erwähnen möchte liegt aber nichts ferner, als sich selbst und ihre Leistungen darzustellen. Sie suchen sich etwas, das zu hinterfragen die wenigsten willens sind, und ergötzen sich daran, dass sie das Geld haben, sich in dieser Lüge die möglichst am stärksten strahlende Maskerade anzulegen. Fragt man sie, was sie denn darstellen, keiner sagt sich selbst, sie fangen an Worte vor sich herzustammeln, weil sie diese Frage all ihre Synapsen zur Staustufe rot bringen.
Und du sagst, ich sei nichts Besseres.

Und, fast hätte ich’s vergessen, da wärst ja auch noch du. Du, welche einmal ihr Herz an mich verlieh, während ich ihr das meine schenkte. Und ich dachte etwas Besseres als das sein zu müssen, was du erlebtest, also liebte ich beispiellos, grenzenlose Treue stand außer Frage, alles was ich besaß sollte auch dein sein, und das hast du gerne akzeptiert, solang es nur in eine Richtung galt. Und ich wollte das sein, was die Mehrheit der Frauen als entweder nonexistent oder homosexuell bezeichnet: Ein netter Mann. Dass Freundlichkeit ein Fehler sein kann sollte ich in den darauffolgenden Monaten immer deutlicher erfahren, denn alles was du meiner Liebe entgegenzubringen bereit warst, war, dass es dich immer mehr nervte, dass ich nicht war, wie es andere Männer sind. Dass du diejenige warst, die diesen Zustand am Ende nicht mehr auszuhalten bereit war, verleiht dem ganzen noch einen weiteren Schuss Ironie.

Und immer noch sagst du, ich sei nichts Besseres.

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