Sonntag, 4. Dezember 2011

Die kleinen Dinge

Es ist eine verhältnismäßig warme Nacht im Dezember als Harvey und ich beschließen, dass solche Wunder der Natur nicht allein zu Hause genossen werden sollten, sondern zumindest ein kleines Kollektiv solch ein Ereignis zu würdigen haben müsse.

Ich fahre also weniger später in Harveys Heimatstadt, unweit meiner Dorfidylle entfernt, und wir prallen wenig später an seinem Lieblingstreffpunkt aufeinander, seine Wohnung. Das ist besonders okay für mich, weil Harveys Wohnung eine Willkommenheit ausstrahlt, die ihresgleichen sucht, was nicht zuletzt daran liegt, dass sie zumeist eine Ordnung ausstrahlt, die sonst nur die Veteranen unter den Asylwohnungen aus ihren schlimmsten Zeiten noch zu berichten wissen. Allerdings ist das Arsenal an Spirituosen und anderen bewusstseinserweiternden Alkoholika immer prall gefüllt und gleicht, wir bleiben bei Militärbegriffen, einer hervorragend ausgerüsteten Waffenkammer.

Besonders okay ist der Treffpunkt aber auch für Harvey, da es genau der Entfernung entspricht, die er gerne maximal zurücklegt, um einen Abend wie diesen zu huldigen, Harvey war schon immer ein großer Fan der Natur.

Wir fackeln nicht lange, der Fleiß ist uns beiden kilometerweit entfernt anzusehen, und beginnen zügig mit der Respektsbekundung, indem wir eifrig einige der edlen Tropfen zum Ehre gebürtigen Aussprechen eines kurzerhand erdachten tiefgründigen und vielleicht auch etwas sentimentalen Toastes kurz emporheben und anschließend zweckkonform unsere Lippen benetzen lassen.

Nach einigen Gläsern, und wir haben bereits bewiesen, dass unsere Trinksprüche aufrichtig waren, was langsam aber sicher auch an unserer Mimik und der Gesprächslautstärke zu bemerken ist, entfällt Harveys Mund der Wunsch, doch lieber die Lokalität gegen eine -der Feierlichkeit angemessenere- einzutauschen, und da ich unsere langjährige Freundschaft zu schätzen weiß, respektiere ich selbstverständlich sein Bedürfnis und wir suchen unsere, nur wenige Gehminuten entfernte Lieblingskneipe, das „fkd’p“, auf, um auch dort die frohe Kunde über das Motto unserer Feierlichkeit zu verbreiten.

Auch die Bardamen wissen unseren Enthusiasmus zu schätzen, nicht zuletzt aufgrund Harveys Talentes mit Frauen umzugehen. Eines Dichters und Poeten Freundes würdig jongliert er mit seinen gott- oder muttergegebenen Vokabeln, als könne er dadurch den Mayakalender umschreiben um der Menschheit einen Tag mehr Lebenszeit zu ermöglichen. Allerdings ist das nicht das Ziel Harveys, genau genommen tangiert ihn weder die Lebenszeit der Menschen im Allgemeinen als derartige Weltuntergangstheorien im Speziellen. Wenig später fällt auf, dass unsere Getränke sich immer schneller leeren, aber auch die Wartezeiten auf die jeweils nächsten Getränke auffällig kürzer werden, was zweifellos Harveys Charme zu verdanken ist.

Das Display meines Smartphones, denn wir sind ja modern, verzichten auf Chronomaten an den Handgelenken, aber nicht auf das Internet in der Hosentasche, verrät uns, dass wir längst die ersten paar Stunden des auf die letzte Nacht folgenden Tages hinter uns gebracht haben, was die These bestätigt, die ich durch Harveys stark verlangsamte Augenaufschlagfrequenz für meine ganz persönliche Studie aufgestellt habe, und da ich stets bemüht bin der Bezeichnung „Wahrer Freund“ ein möglichst perfektes Beispielsubjekt darzubieten, frage ich Harvey, ob wir die Feierlichkeiten nun beenden möchten, um sein Reich aufzusuchen und dort akzeptierend und vor allem nächtigend auf den Kater zu warten, welcher uns nach dem Schlaf zweifelsfrei heimsuchen wird, „Apropos muss ich bei dir pennen!“ füge ich noch hinzu. Harveys darauf folgende Geste symbolisiert mir unschwer erkennbar, dass er einverstanden ist, also erheben wir uns, so gut wir das noch können und bewegen uns zum Tresen um Urkunden unseres Durstes einzuholen. Selbstverständlich geben wir angemessenes Trinkgeld, denn zum Trinken gab es reichlich, danken für wenig Speis‘ und viel Trank, und während ich zu meiner Jacke greife um mich, für die sicherlich mittlerweile doch sicherlich gesenkte Außentemperatur, zu rüsten, tauscht Harvey noch schnell seine Handynummer mit der Nummer der Bardame aus. Ich bin immer wieder überrascht, wozu dieser junge Heroe imstande ist, selbst wenn er sich parallel im betrunken, sowie im halb schlafenden Zustand befindet.

Ein gelungener Abend, so denken wir, gönnen uns noch ein letztes Glas in Harveys gemütlichem Wohnungsambiente und betten uns anschließend in Bett und Couch.


2 Kommentare:

  1. Irre, wie man son versoffenen Abend darstellen kann. :D *applaus*

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  2. Tausend Dank!

    Inhaltlich zwar dieses mal mehr als grenzwertig schwach, ich bin allerdings selbst von meiner lyrischen Extase beeindruckt ;)

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