Montag, 6. Dezember 2010

Tritt sachte...

„Vorsicht!“ habe ich noch versucht zu schreien, als sie auf die Brille zuging. Ich glaube sie hat es gehört, sich vielleicht aber nicht angesprochen gefühlt oder sie war zu stur stehen zu bleiben. Ein Schritt noch und das Glas zerbrach, leise aber wirkungsvoll. Was bleibt sind Scherben und ein verbogenes Gestell. Ich glaube sie hat es gemerkt, sich aber nicht betroffen gefühlt oder sie war zu dickköpfig, sich zu entschuldigen. Als sie weg war, ging ich zu den Resten der Brille und nahm das geschundene Gestell. Ich liebte diese Brille, vielleicht konnte ich sie reparieren. Aber woher bekäme ich nur dieses einzigartige, rosafarbene Glas?

Dienstag, 9. November 2010

Kurzgeschichten #1: Straßenratte

Mein Leben ist überflüssig. Ich bin das, was andere Leute einen Penner, Abschaum oder Straßenratte nennen. Ich lebe… nein, ich vegetiere jetzt schon seit einigen Jahren auf den Straßen dieser angeblich so wunderschönen Großstadt in der es doch, so sagen die Leute, an jeder Ecke alles gibt, was das Herz begehrt. Mein Herz begehrt ein Dach über dem Kopf, mein Kopf begehrt das auch. Überhaupt begehre das im Allgemeinen ich. Das Schicksal hat es aber damals schon nicht gut mit mir gemeint und deswegen bin ich irgendwann hier gelandet. Seit dem versuche ich am Leben zu bleiben. Ein Leben kann man das eigentlich nicht nennen aber ich habe keine Idee wie ich diesen Zustand sonst betiteln sollte und überhaupt habe ich keine Lust darüber nachzudenken. Was ich allerdings durchaus habe ist Hunger. Wo andere Leute in die Taschen ihrer Designersackos greifen und ein dickes Portemonnaie herausnehmen um sich an der nächsten Fressbude eine Currywurst zu kaufen, die sie dann nur halb gegessen in den nächsten Mülleimer werfen, da suche ich besagte Überreste aus dem Abfall. Oftmals werde ich dabei gesehen und höre Dinge wie „Guck mal, der Penner holt sein Frühstück aus dem Kühlschrank“, wobei das noch einer der angenehmen Sätze ist. Früher fand ich das selbst ziemlich ekelhaft, aber Tiere schlachten ist auch ekelhaft und die ‚normalen‘ Menschen tun das, um etwas zum Essen zu haben, jedenfalls die, die sich nicht wie Kaninchen von Grünzeug ernähren, das sie ohnehin nicht sättigt, aber Hauptsache dünn sein und so. Ich bin dünn, eigentlich ist das noch schwer untertrieben, meine Rippen markieren große Rillen auf meinem Oberkörper. Ich habe wie immer nur diese Ungewissheit im Kopf. Ich weiß nicht, wann und ob ich meine nächste Mahlzeit bekomme. Ich beschließe erst einmal ziellos durch die Stadt zu laufen, vielleicht findet sich irgendwo so ein blasphemischer Typ im Mexikanrerkostüm der Fertigtachoprodukte verschenkt, vor ein paar Wochen hatte ich nämlich dieses Glück. Hab dem Typen den ganzen Tisch leergeräumt und bin dann um mein Leben gerannt während der Mann mir wild Steine hinterher warf und irgendwas brüllte wie „el vagabundo es muy mal!“, keine Ahnung was das heißt, klang irgendwie fast freundlich, der Sombreroträger sah aber nicht allzu nett dabei aus. Das war einer der glücklichsten Tage der letzten Jahre. Heute scheint nicht so ein Tag zu sein. Erschöpft setze ich mich an eine Hauswand und starre auf meine Füße. Da ist ein Schuh dran, jedenfalls wenn man die beiden Reste zusammen zählt. Ich höre ein paar Stimmen auf mich zukommen. Da stehen auf einmal 3 Burschen die mich angrinsen und irgendwelchen Kram erzählen während sie lauthals lachen. Das ist für mich nichts Besonderes mehr, das passiert einmal ein 3 Tagen. Was jetzt aber geschieht ist neu. Der Kerl in der Mitte wirft mir eine Münze vor die Füße und brüllt mich an: „TANZ!“. Ich zweifle kurz an seiner Intelligenz, denke mir dann aber, dass ich soeben für nichts um einen Euro reicher bin und tue ihm den Gefallen. Während ich also mein letztes Bisschen stolz aufgebe und die Jungs angrinse freuen sich die Kerle ihres Lebens und gehen. Ich bin froh, dass ich aus der Sache herauskam, ohne Blessuren davon zu tragen, das wäre nicht das erste Mal. Ich realisiere, dass ich jetzt etwas habe, um mir davon etwas zu kaufen. Ich besitze ein Zahlungsmittel! Das konnte ich seit Jahren nicht mehr von mir behaupten. Und siehe da, das erste was meine Augen infiltriert sind diese 2 goldenen Bögen, wobei mir das eher wie ein zerbrochener Heiligenschein aussieht, ein Zeichen Gottes? Aber den Glauben an diesen Kerl habe ich aufgegeben, zu oft habe ich gebetet diese Stadt mal wieder aus einem Fenster einer hübschen kleinen Wohnung zu sehen, für die ich einen Mietvertrag in der Hand halte. Ich betrete das Schnellrestaurant dessen Logo mich geradezu gerufen hat. Ich überprüfe die Situation: Ich habe einen Euro, die Speisekarte erlaubt mir eine Auswahl aus mehreren 1-€-Produkten. Ich entscheide mich für das Produkt mit dem maximal möglichen Inhalt. Ein Cheeseburger soll es also sein. Mir fällt schnell auf, dass ich den anderen Gäste unangenehm bin, deswegen mache ich es schnell, drängle mich vor, schreihe der Frau hinter der Theke „CHEESEBURGER!“ entgegen, werfe ihr die Münze zu, denke: „TANZ!“ und reiße ihr den Burger aus der Hand während ich aus dem Etablissement renne. Ich will keinem mehr optisch zur Last fallen also verkrieche ich mich in den nächsten Park, welcher für Leute wie mich berüchtigt ist und suche meine Lieblingsecke auf, ein schattiger Platz zwischen einigen Büschen der meist trocken ist, da die umliegenden Büsche und Bäume den meisten regen abfangen. Der warme Burger in meiner Hand fühlt sich gut an. Ich packe ihn aus seinem überflüssigen Papier aus und sehe ihn mir an. Plötzlich kommt da ein Gefühl in mir hoch, welches ich ewig nicht mehr verspürt habe. Der Burger, oder besser in diesem Moment: Die Burger, macht mich an. Die 2 Brotscheiben, zwischen denen Hackfleisch herauslugt erinnern mich an etwas, das ich früher sehr gerne gesehen, benutzt und im wahrsten Sinne des Wortes vernascht habe, damals, als ich noch nicht das war, was ich heute bin. Ein klitzekleines Gürkchen liegt auf dem Hackfleisch, so weit außen, dass man es sehen kann während der Burger zugeklappt ist, da hat jemand wohl bei der Arbeit geschlampt, aber umso mehr erinnert mich das Gesamte an eine weibliche Erogene Zone. Mein Hunger ist plötzlich nicht mehr spürbar. Viel mehr habe ich da ein anderes Gefühl knapp unter dem Bauch. Der Burger und seine Wärme machen mich geil. Es dauert nicht lange, bis ich nicht mehr widerstehen kann. Ich öffne meine Hose und stülpe mir das Teil langsam über meinen mittlerweile ziemlich hart gewordenen Schwanz, während ich einige Szenen aus meiner entfernten Vergangenheit Revue passieren lasse. Ich denke an das kleine süße Mädchen, welches mir damals meine Unschuld raubte und später stolz darauf war, dass ich es war, der ihre Haut der Unschuld durchbohrte. Heute ist das selbst für mich mehr als unglaubwürdig. Mein Gefühl intensiviert sich, es kribbelt und plötzlich ergießt sich eine ganze Menge weißer Suppe in den Burger. Mein Schwanz sieht lustig aus, eine Farbkombination aus Rot, Gelb und Weiß. Ich bin noch nicht Herr meiner Sinne, deswegen realisiere ich die Leute dort vorn nicht, die die Szenerie wohl beobachten konnten und nun völlig entsetzt fluchtartig den Park verlassen. Ich bleibe noch einen Moment im Gras liegen und grinse fast glücklich in den Himmel. Die Burger wird zärtlich von mir geküsst. Kurze Zeit später stehe ich auf, lege die Burger auf den Mülleimer vor der nächsten Parkbank und sage in mich hineinlachend „ich ruf dich an!“. Ich überlege mir, ob das der Grund ist, warum die Leute ihr Essen in den Müll werfen. Den Gedanken finde ich urkomisch und deswegen lache ich laut während ich den Park verlasse. Wohin es nun geht weiß ich wie immer nicht, was ich aber weiß ist, dass dieser Tag für mich tatsächlich schöner war, als tachobepackt vor einem brüllenden Mexikaner wegzurennen.


Montag, 4. Oktober 2010

Mal was anderes

Abwechslung ankündigen und nicht durchzieh'n? Nicht mit mir!
Heute gibt's mal Kunst zu sehen, jawohl, der Autor malt auch gerne mal.

Je nachdem wie kreativ ich bin lad' ich hier jetzt ab und zu auch noch Bilder hoch.
Ohje, wo soll das nur hinführen?

Den Anfang macht heute:


Rorschach! (Watchmen)



Nachtrag 04. September 2011:
Tja, oder eben auch nicht.

Montag, 6. September 2010

Far from me

"The show must go on" hat der gute alte Freddy Mercury so oft in meine Ohren gebrüllt, das war zwar nicht der Grund, weshalb ich immernoch existiere, doch in den letzten Tagen schwirrte mir dieses Lied ziemlich oft im Kopf herum. Hier bin ich also noch. Und es wäre gelogen, würde ich sagen dass es mir nicht gut ginge, nein, ich bin zufrieden. Nicht mit allem, aber wer ist das schon. Ich habe beschlossen weiterhin zu schreiben, nicht mehr nur über mich, nicht mehr nur belastende Dinge von der Seele reden, nein, es soll mehr sein, aber man verspricht ja ungern, was man nicht hält, deswegen verspreche ich nichts und lasse abwarten. So viel dazu.


Aber bevor ich mit irgendetwas anderem anfange...


[An dieser Stelle habe ich nun 4 mal versucht einen Text anzufangen, der zu dem passt, was in mir gerade geschieht. Ich habe genauso oft aufgegeben. Warum? ganz einfach, weil mich heute Nick Cave zum schrieben inspiriert hat, und während ich dem Guten so zuhöre, stelle ich fest, dass der Junge mir einfach über ist... Deswegen:]

Nick Cave & the Bad Seeds

»For you dear, I was born
For you I was raised up
For you I've lived and for you I will die
For you I am dying now
You were my mad little lover
In a world where everybody fucks everybody else over
You who are so far from me«

Danke, Mr. Cave.


Montag, 12. Juli 2010

K.O.

Es ist endlich alles okay!
Oder… Ist eigentlich alles okay?
Ist wirklich komplett alles okay?
Es könnte ja sein, dass etwas nicht okay ist und ich es nur nicht merke.
Was wenn wirklich etwas nicht okay ist?
Und kann denn alles okay sein, wenn ich daran denken kann, dass etwas nicht okay sein könnte?
Das hieße ja ich würde nur denken alles wäre okay und dann feststellen, dass nicht alles okay wäre und dann wäre noch viel mehr nicht okay.
Und würde jeder so denken, oder ist etwas mit mir nicht okay?
Irgendwie ist jetzt gar nichts mehr okay.


Samstag, 10. Juli 2010

Und plötzlich...

Und plötzlich ist alles okay. Man hat sich ausgesprochen, Tränen der Erlösung sind geflossen, man fand Kompromisse und kann nun glücklich mit dem Ergebnis leben. Alles hat sich geklärt und wir sind glücklich. Ich sehe wieder dieses Strahlen in ihrem Gesicht, wofür sie nicht einmal lächeln muss. Ich sehe die Welt wieder als das an, was sie ist, gar nicht mal so übel nämlich. Ich merke, dass alles Sinn hat und Sinn hatte. Das Geschehene war notwendig, wurde geklärt, weil man sich ja gern hat. Und nun ist Frieden. Und mehr noch, man ist glücklich. Mit sich, mit dem Anderen und vor allem miteinander. Unsere Hände haltend erzählen wir, durch die Gegend laufend, manchmal schweigend. Nicht alles ist perfekt aber wir sind zufrieden mit dem was wir haben und mit uns. Probleme sind nur noch halb so schlimm weil man sie ja teilen kann und in diesem Wissen sind sie gleich noch viel weniger unangenehm. Wir gehen, reden, lächeln und die Sonne geht auf, unter oder steht einfach am Himmel herum. Endlich ist die Zeit der Verzweiflung vorbei, und plötzlich klingelt dieser scheiß Wecker.


Mittwoch, 7. Juli 2010

Schlaflos in Bett oder: Panik #2

Ich habe also Angst, gut, das haben wir also klargestellt.
Angst meldet sich bevorzugt nachts, vielleicht weil es ihr gerade dann am meisten Spaß macht mich zu quälen, weil sich so schnell Erfolge zeigen. Für sie ist es wohl pures Entertainment mich um den Schlaf zu bringen. Während ich also erschöpft im Bett liege, noch mehr Angst bekomme nicht mehr einschlafen zu können und dadurch nicht mehr einschlafen kann, säuselt mir Angst noch ein paar andere gemeine Gedanken in den Kopf. Angst weiß sich zu reproduzieren, zu multiplizieren und vor allem zu manifestieren. Angst macht aus mir und meinem Kopfinhalt etwas, das mir noch mehr Angst macht und die fiese Sau ist sich der Existenz dieses Teufelskreises komplett bewusst. „Sie wird nicht zurückkommen und du bleibst allein!“, „Versuchst du mich zu überhören, dir Geschichten zu erzählen und einzuschlafen? Wie niedlich!“, „Guten Morgen, hast du schön geschl… Achja, hab ich ja fast vergessen!...“. Angst ist eine verdammte immaterielle Antischlaftablette welche stärker ist als jede Pro-Schlaftablette der Welt. Aber jetzt, Augen zu… Und lass mich schlafen!... Bitte.


Dienstag, 6. Juli 2010

Panik

Veränderungen. Höhenflüge. Abstürze.
Vieles hat sich geändert.
Vieles ist geschehen.
Vieles hat Wunden gemacht und Narben hinterlassen.
Narben bilden Muster, fast Bilder, aber keine schönen, nein, dummerweise ziemlich bizarre Konstrukte und jetzt ist da was. Hat sich einfach so dazu geschlichen als die Lecke in meinem Seelenboot groß genug wurden.
Ich teile mir meine Seele seitdem mit Angst.Freundlicherweise macht sich besagte Angst aber nicht allzu breit und lässt mich somit die meiste Zeit in Ruhe. Sie weiß aber, wie sie aus dieser Ruhebrise einen Gefühlsorkan machen kann und dann zeigt sie, dass sie keine freundliche Angst ist, nein, sie ist ein Monster, ein Emotionsberserker, sie kennt keine Gnade wenn sie erstmal in Rage gerät. Hinterhältiges Miststück. Außerdem scheint sie mich genau studiert zu haben, bevor sie mein blinder Passagier wurde. Sie weiß genau was mich trifft, wie sie mich erschüttern und an allem zweifeln lassen kann. Durch ihr Wirken hat sie schon vieles erreicht und ich vieles zerstört. Und jetzt stehe ich am imaginärem Geländer der imaginären Brücke und beobachte die imaginären Vögel die vor der imaginären Sonne herumgleiten und Angst sagt „na, hab ich dich? Willst du jetzt rumheulen und springen?“ und ich sage „Ich weiß nicht, noch ist die Sonne ja nicht untergegangen…“ und so mache ich weiter, hiermit, mit nichts und mit allem, bis die Sonne untergegangen ist, denn außer Angst ist da noch ein gebetener Gast, welcher zum Glück auf seinen Mietvertrag beharrt und einfach nicht ausziehen will, was ich sehr begrüße. Hoffnung.